Faktencheck: Darum sagt die SP Kriens JA zum Gegenvorschlag
Die SP Kriens hat für die kommunale Abstimmung am 18. Mai 2025 beschlossen JA zum Gegenvorschlag und NEIN zur Initiative zu sagen. In Medien und Abstimmungsunterlagen des Stadtrats fehlt komplett, wann die Initiative eigentlich entstanden ist und wie sie seither gegenüber dem Finanzhaushaltsreglement der Stadt Kriens quer steht. Das wird erst dann sichtbar, wenn alle Fakten transparent gemacht werden. Damit die Faktenlage besser sichtbar wird, wurde dieser Faktencheck verfasst. Der SP Kriens ist wichtig, dass die Krienser Bevölkerung die Fakten prüfen kann, um sich eine Meinung über die Abstimmungsvorlage zu machen. Deshalbwerden folgende Aussagen auf ihre Richtigkeit geprüft.
«Ohne Initiative würde eine Schuldenbremse für Kriens weiterhin fehlen!»
Diese Aussage ist falsch!
Im November 2020 beantragte die Finanzkommission fürs Budget 2021, dass der Stadtrat bis 2021 ein Finanzhaushaltsreglement (FHR) mit einer Schuldenbremse ausarbeiten muss. Dieser Antrag wurde einstimmig von allen Parteien angenommen.
Im Herbst 2021 wurde deshalb der 1. Entwurf des FHR im Einwohnerrat diskutiert. Da niemand so richtig mit dem Entwurf zufrieden war, musste der Stadtrat viele Anträge mit teilweise auch komplett neuen Ideen entgegennehmen. Das Verarbeiten dauerte insgesamt über ein Jahr, so dass erst im Dezember 2022 der 2. Entwurf im Einwohnerrat diskutiert werden konnte. Wider Erwarten waren alle Parteien zufrieden und das Reglement wurde einstimmig genehmigt. Damals wurde auch beschlossen, dass die Krienser Bevölkerung über das neue, sehr strikte Reglement abstimmen soll. Und so stimmten im Juni 2023 über 80% der Krienser:innen JA zum neuen Finanzhaushaltsreglement. Seit dem Juni 2023 hat Kriens eine Schuldenbremse!
Im Bild 1 wird sichtbar, dass die Initiative erst kurz vor dem 2. Entwurf des Reglements eingereicht wurde. Die Initianten forderten exakt das, was mit dem Reglement im Dezember 2022 vom Rat und im Juni 2023 von der Bevölkerung beschlossen wurde: Ein Finanzhaushaltsreglement mit Schuldenbremse verankert in der Gemeindeordnung! Die Initiative war also bereits im Juni 2023 zu 100 Prozent erfüllt!
Die Initiative kam zustande, weil die Initianten der Situation und dem überparteilichen Konsens zu wenig trauten: «Wir gehen aufgrund der ersten Lesung [dh. 1. Entwurf] davon aus, dass das Reglement durch das Parlament stark abgeschwächt wird. Darauf deuten die Rückmeldungen der anderen Parteien hin». Diese Befürchtung hat sich – wie die Aussage oben – schliesslich als unbegründet und falsch erwiesen.
«Kriens braucht eine Schuldenbremse, um die Stadtfinanzen nachhaltig zu gestalten.»
Diese Aussage ist richtig!
Bis 2019 wurde in der Stadt Kriens das Stadtzentrum umgebaut. Insgesamt wurden 66 Millionen Franken ausgegeben, leider 6 Millionen mehr als geplant. Deshalb nahmen die Schulden bis 2020 deutlich mehr zu als geplant. Das war unangenehm, konnte damals aber nicht verhindert werden. Schliesslich muss auch die Stadt Kriens ihre Rechnungen wie wir alle korrekt bezahlen. Das gehört sich so, wenn die Projekte abgeschlossen sind!
Damals wurde dann immer vehementer eingefordert, dass Kriens eine Schuldenbremse brauche, damit das Schulden machen irgendwann ein Ende habe.
Mit der Finanzstrategie 2020 wurde allen Mitgliedern im Einwohnerrat klar, dass Kriens ein Reglement braucht, um eine übermässige Verschuldung zu stoppen. Die Untersuchungen in einer PUK zeigten dann auch klar auf, wo angesetzt werden muss. Und ganz nebenbei zeigten die Massnahmen aus der Finanzstrategie 2020 auch Wirkung. Seit 2022 werden Schulden abgebaut! Deshalb wurde im Finanzhaushaltsreglement auch definiert, dass die Stadt Kriens ihre Ausgaben auf ihre Wirkung statt nur auf Finanzziele hin prüfen soll. Dazu wichtig ist das Controlling, was seit 2022 systematisch aufgebaut und verfeinert wird.
Die hohen Gewinne 2023 und 2024 sind das Ergebnis einer sehr guten Wirtschaftslage, aber eben auch einer sehr konsequenten und überparteilichen Finanzpolitik!
«Der Gegenvorschlag weicht dem Anliegen der Initiative nur aus.»
Diese Aussage ist falsch!
Bereits früh im Jahr 2023 zeichnete sich ab, dass die finanzielle Situation der Stadt Kriens viel besser aussieht als erwartet. Statt einem Verlust von 3,2 Mio. CHF entstand ein Gewinn von 59 Mio. CHF. Heute wissen wir, dass der Gewinn 2024 sogar bei 99 Mio. CHF liegt. Damit verändert sich die Situation so markant, dass das Reglement vom Juni 2023 ab 2026 sehr hohe Steuererhöhungen verursachen würde. Gewinne waren in der ersten Version des Reglements und auch im Anliegen der Initiative NIE vorgesehen.
Damit war klar, dass der Stadtrat das Finanzhaushaltsreglement bereits 2024 revidieren musste. Wie das gemacht werden soll und wie dabei mit der zu 100 Prozent erfüllten Initiative umgegangen werden soll, war damals unklar. Und da die Initianten einfach nur sagten, dass ihnen das Finanzhaushaltsreglement noch nicht genüge. Es sei zu wenig streng, war ein Kompromiss oder eine harte unnachgiebige Haltung des Stadtrats gefragt.
Der Stadtrat hat sich dann dafür entschieden, die Revision als Gegenentwurf zur Initiative durchzuführen, auch weil sich bereits früh sehr hohe Gewinne für die Rechnungsjahre 2023 und 2024 abzeichneten und dies auch in der Finanzkommission so kommuniziert wurde. Die sehr hohen Gewinne würden zu happigen Einzahlungen in den kantonalen Finanzausgleich und ab 2026 zu Defiziten führen. Und da das Finanzhaushaltsreglement dann Steuererhöhungen vorschreibt, musste das Reglement auch so verändert werden, damit Steuererhöhungen vermieden werden können.
Und so machten Einwohnerrat und Stadtrat zusammen die Not zur Tugend, arbeiteten den Gegenvorschlag in zwei Sitzungen aus und empfehlen deshalb auch das JA zum Gegenvorschlag, ein NEIN zur Initiative und die Stichfrage für den Gegenvorschlag!
«Die Initiative will das Gleiche wie der Gegenvorschlag – ist aber viel strenger.»
Diese Aussage ist falsch!
Wer eine Initiative einreicht, kann zwischen zwei Varianten wählen. Einmal kann das Anliegen der Initiative als Anregung formuliert werden, wobei eine Umsetzung skizziert, aber nicht ausformuliert wird. Wer eine exakte Umsetzung will, formuliert den Gesetzestext aus und fordert dessen Umsetzung.
Die Initiative der FDP regt «nur» an, dass ein Finanzhaushaltsreglement und ein dazu passender Eintrag in die Gemeindeordnung ausgearbeitet werden sollen. Ziel seien ausgeglichene Stadtfinanzen. Wie die Initiative konkret umgesetzt werden könnte, wird mit mehreren Beispielen aufgezeigt – und dem Stadtrat überlassen.
Wer die Abstimmungsvorlage vom Juni 2023 über das Finanzhaushaltsreglement studiert, stellt fest, dass bereits für die Abstimmung im Juni 2023 ein Finanzhaushaltsreglement ausgearbeitet und die Gemeindeordnung entsprechend angepasst wurde. Die Forderungen der Initiative waren also damals bereits zu 100 Prozent erfüllt. Exakt so strikt und verbindlich, wie die Initianten medienwirksam einforderten.
Dass der Gegenvorschlag mehr kann als die Initiative wird in einem Bericht der Luzerner Zeitung wenn auch indirekt, dann doch zugegeben: Falls die Initiative sich durchsetzt, sei die FDP ebenfalls dafür, dass bei deren Umsetzung Ausnahmeregeln für den Finanzausgleich geschaffen werden. «Es kann ja nicht sein, dass die Steuern erhöht werden müssen, wenn man zuvor hohe Gewinne geschrieben hat», sagt einer der Initianten. Und gibt damit zu, dass die Initianten gar nicht wirklich an einer strengeren Variante interessiert sind! Die Initiative soll einfach am Schluss nur genau das können, was der Gegenvorschlag heute schon kann?!
«Ohne Initiative entstehen ab 2026 grosse Defizite, was zu Steuererhöhungen führen wird.»
Diese Aussage ist falsch!
Die Stadt Kriens macht seit 2023 zwei Jahre hintereinander sehr grosse Gewinne. Im Bild sind die Steuereinnahmen von 2019 bis 2031 abgebildet. Ab 2029 wird, wie auch bereits 2028 linear mit 2% Steigung ergänzt. Im unteren Teil sind dann die Ergebnisse der Erfolgsrechnung für die gleiche Zeitspanne abgebildet. Dort wird sichtbar, dass ab 2026 grosse Defizite entstehen. Diese Defizite sind einerseits auf die Einzahlungen in den kantonalen Finanzausgleich zurückzuführen. Wenn wir also als Krienser:innen JA zur Revision des Gesetzes über den kantonalen Finanzausgleich sagen, dann wird diese Last mehr als halbiert, so dass es nur schon damit sehr viel besser aussieht.
Gemäss heute gültigem Reglement für den Finanzhaushalt muss die Stadt Kriens ab 2026 massiv die Steuern erhöhen und weil dieses Reglement dem entspricht, was die Initiative fordert, müssen wir zur Initiative deutlich NEIN sagen. Im Gegenvorschlag ist vorgesehen, dass die Stadt Kriens aufgrund der guten Finanzlage das Reglement aussetzen darf, womit die Steuererhöhungen entfallen. Ebenfalls möglich wird dann, dass Defizite aus einem Reservekonto gedeckt werden können, einem Reservekonto, wie es Beat Tanner mit einem Vorstoss im Kantonsrat einführen möchte.
Auch hier wird sichtbar, dass die überparteiliche Zusammenarbeit in Sachen Stadtfinanzen deutlich besser ist als ihr Ruf. Wenn es darauf ankommt, wird zusammengearbeitet. Und so sind wir schon heute neugierig, wie die Krienser Politik auf unsere Fragen zur langfristigen Finanzplanung bis 2031 reagiert. Schliesslich braucht eine gute Finanzpolitik neben kurzfristigen Massnahmen auch immer langfristige Perspektiven und Richtlinien, damit das entsteht, was wir alle in unserem Leben suchen: Planungssicherheit für alle!
Hintergrund
Am 18. Mai 2025 stimmt die Krienser Bevölkerung über zwei finanzpolitische Vorlagen ab: die FDP-Finanzinitiative und den Gegenvorschlag des Stadtrats. Die SP Kriens empfiehlt ein NEIN zur Initiative und ein JA zum Gegenvorschlag. Dieser Faktencheck beleuchtet die Hintergründe und klärt, warum diese Haltung gerechtfertigt ist.
Entstehung der Initiative: Ein Produkt aus der Krise
Die FDP Kriens reichte ihre Finanzinitiative im Jahr 2022 ein – zu einer Zeit, als die Stadt mit angespannten Finanzen und steigender Verschuldung konfrontiert war. Die Initiative fordert, mehrere fixe Finanzregeln in die Gemeindeordnung aufzunehmen, darunter:
- Ein Budgetdefizit von maximal 2 % des Steuerertrags.
- Einen Selbstfinanzierungsgrad von 100 % im Fünfjahresschnitt.
- Lockerungen bei tiefer Verschuldung oder schlechter Konjunktur.
Diese Regeln sollten in der Gemeindeordnung, also der Krienser Verfassung, verankert werden. Die FDP argumentierte, dass dies die Verbindlichkeit erhöhe.
Gegenvorschlag des Stadtrats: Flexibler und rechtlich gleichwertig
Der Stadtrat lehnte die Initiative ab und präsentierte einen Gegenvorschlag. Dieser sieht vor, die Finanzregeln im Finanzhaushaltreglement zu belassen und lediglich einen allgemein formulierten Artikel in die Gemeindeordnung aufzunehmen. Inhaltlich sind die Vorgaben ähnlich, jedoch ohne die von der Initiative vorgesehenen Lockerungen. Der Einwohnerrat hat jedoch beschlossen, dass die Ausnahmeregelungen der Initiative auch im Gegenvorschlag Platz finden sollen. Somit nähern sich die beiden Vorlagen an.
Wichtig ist: Gemeindeordnung und Reglement sind rechtlich gleich verbindlich. Der Unterschied liegt in der Flexibilität: Die Gemeindeordnung kann nur mittels Volksabstimmung angepasst werden, während Änderungen des Reglements dem fakultativen Referendum unterstehen.
Warum die SP Kriens den Gegenvorschlag unterstützt
Die SP Kriens befürwortet den Gegenvorschlag aus mehreren Gründen:
- Flexibilität für zukünftige Herausforderungen: Der Gegenvorschlag ermöglicht Anpassungen an sich ändernde finanzielle Rahmenbedingungen, ohne dass jedes Mal eine Volksabstimmung notwendig ist.
- Vermeidung von übermässiger Bürokratie: Die Gemeindeordnung soll nicht mit detaillierten Finanzregeln überfrachtet werden.
- Langfristige Finanzstrategie: Die SP kritisiert die fehlende langfristige Finanzplanung der Stadt Kriens. Eine nachhaltige Finanzpolitik erfordert Investitionen in Bildung, Infrastruktur und soziale Angebote, die durch zu starre Regeln behindert werden könnten.
Fazit: Transparenz und zukunftsorientierte Finanzpolitik
Die SP Kriens setzt sich für eine transparente und nachhaltige Finanzpolitik ein. Der Gegenvorschlag bietet die notwendige Flexibilität, um auf zukünftige Herausforderungen reagieren zu können, ohne die demokratischen Mitbestimmungsrechte der Bevölkerung einzuschränken. Daher empfiehlt die SP Kriens am 18. Mai 2025 ein JA zum Gegenvorschlag und ein NEIN zur Initiative.
Quellen: